Filmmonster

 

Neureich-kultivierter Wohnraum. Eine Reporterin des Fernsehens sitzt einem Herrn gegenüber, dessen elegante Kleidung in bestürzendem Kontrast steht zu seinem grauenerregenden Gesicht.

REPORTERIN Meine Damen und Herren, das Prominenteninterview im Rahmen unseres Magazins "Für die Frau" kommt live aus dem Heim von Vic Dorn, einern der profiliertesten Darsteller des internationalen Horrorfilms...Vic Dorn, oder Victor Dornberger, wie Sie mit bürgerlichem Namen heißen, wo stammen Sie her und wie kamen Sie zum Film?
DORNBERGER Mein Vater war Kirchendiener in Westfalen ...meine Mutter ist unbekannt... (hustet)
REPORTERIN (lacht geziert) Köstlich...und wie wurden Sie Schauspieler ...wie kamen Sie dazu, immer das Monster zu spielen?
DORNBERGER Mein Vater hatte mich für die mittlere gehobene Beamtenlaufbahn vorgesehen...aber da kam ein Regisseur aus Amerika. ..der hieß. ..der hieß. ..der hat mich entdeckt...dann kam ich nach ..nach Hollywood, und da habe ich immer dieselbe Rolle gespielt... (hustet)
REPORTERIN ...Und wir finden es besonders reizend, daß Sie heute abend für unsere Zuschauer Ihre berühmte, unverwechselbare Horrormaske angelegt haben! ...Wer hat sie entworfen...oder war das Ihre eigene Idee?
DORNBERGER Wie...Entworfen? ...Was für eine Maske?
REPORTERIN (lachend) ...nun mal im Ernst, Victor, unsere Zuschauer möchten gern wissen, wie Sie in Wirklichkeit aussehen...dieses phantastische, scheußliche Gesicht ist doch ..ist doch...
DORNBERGER (lauernd) Was?
REPORTERIN Einmal, Victor...ein einziges Mal sollten Sie uns zeigen, wie Sie wirklich aussehen...und wenn es nur ganz kurz ist...
DORNBERGER (sieht sie düster an)
REPORTERIN (nach starrem Zögern) ...Oder ist es zu kompliziert, die Maske abzunehmen?
DORNBERGER Wie...was...abnehmen?
REPORTERIN Mein Gott...(versucht vergeblich, ihr Entsetzen zu verbergen) das tut mir...das ist mir sehr...ich...(zündet sich zitternd eine Zigarette an, die ihr Dornberger hustend versucht aus der Hand zu schlagen) ...Und nun die Fragen, die besonders uns Frauen interessieren...haben Sie gelegentlich private Beziehungen zu Ihren Film-Partnerinnen?
DORNBERGER Nein...
REPORTERIN Sie sind durch Ihre Filme wohlhabend und prominent geworden, warum haben Sie nie geheiratet?
DORNBERGER Ich bin vielleicht etwas wählerisch...
REPORTERIN Ach ja...aber ich könnte mir denken, daß es der Wunschtraum vieler Frauen ist, mit einem prominenten, internationalen Filmschauspieler zusammen...zusammenzuleben...
DORNBERGER Ach!
REPORTERIN ...Und Ihr Lieblingsessen...was ist Ihr Leibgericht?
DORNBERGER (sehr düster) Kartoffelpuffer... (hustet)
REPORTERIN Herr Dornberger, wären Sie lieber Politiker geworden?
DORNBERGER Wenn man mir ein gutes Angebot gemacht hätte...vielleicht...
REPORTERIN Aber dann hätten Sie eine andere Ausbildung gebraucht...
DORNBERGER Nein...Schauspieler und Politiker haben vieles gemeinsam...Wir wollen Hauptrollen spielen, wir pflegen die Kunst der Täuschung und haben eine starke menschliche Ausstrahlung... (hustet)
REPORTERIN ...und Sie haben ja auch als prominenter Schauspieler großen Einfluß auf die Wähler...Sie brauchen nur öffentlich zu äußern, mit welcher politischen Partei Sie sympathisieren, und Millionen werden sich Ihrer Meinung anschließen, denn ein Mann wie Sie hat natürlich einen ganz anderen politischen Überblick!
DORNBERGER Jawohl!
REPbRTERIN Eine letzte Frage, Herr Dornberger ...warum haben Sie in den letzten Jahren keine Angebote mehr aus Hollywood?
DORNBERGER (sieht sich scheu um) Ich weiß nicht...vielleicht bin ich denen einfach zu deutsch... (hustet und winkt zähnefletschend in die Kamera)

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